«Die Jagd braucht Allianzen!»
Ende September 2021, während der 67. Generalversammlung des Internationalen Rates zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) in Budapest, dankte der Schweizer George Aman nach 5-jähriger Amtszeit als Präsident ab. JAGD&NATUR sprach mit ihm über seine Präsidentschaft, seine persönlichen Erfahrungen und die Zukunft des CIC.

JAGD&NATUR: George, du warst fünf Jahre Präsident des CIC. Wie ist es dir in dieser Zeit ergangen?
George Aman: Es war eine hochinteressante Zeit. Ich habe viele schöne Erinnerungen an die vergangenen fünf Jahre. Es war ein Zusammenkommen einer unglaublich weiten Palette von Menschen, die im weitesten Sinn an der nachhaltigen Nutzung von Natur und Jagd interessiert sind. Mit einer Institution wie dem CIC (s. Kasten) kann etwas erreicht werden. Zudem durfte ich in den letzten Jahren viele schöne Freundschaften schmieden. Das ist etwas sehr Positives.
Was habt ihr im CIC in den vergangenen fünf Jahren erreicht?
Wir sind per se keine reine Jagdinstitution, sondern eine Institution, die weltweit das Sprachrohr von 30 Millionen Jägerinnen und Jägern ist und vor allem ein Sprachrohr für die betroffenen Tiere. Wir sind heute von internationalen Organisationen wie beispielsweise der IUCN (International Union for Conservation of Nature) anerkannt und haben bei internationalen Konferenzen wie der CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) ein Sprachrecht, was andere Jagdorganisationen nicht haben. Wir werden als ernstgenommenen Partner angesehen, weil wir nicht mit Emotionen kommunizieren und arbeiten, sondern in wissenschaftlicher Begleitung. Wir haben diplomatischen Status, was uns von reinen Jagdorganisationen differenziert.
Welche Ziele hast du während deiner Zeit beim CIC verfolgt?
Meine Ziele waren in erster Linie, die Kommunikation gegen aussen, d.h. all denen, die der Jagd gleichgültig gegenüberstehen, so gut wie möglich aufzuzeigen, dass die Jagd ein Bestandteil der nachhaltigen Nutzung der Natur ist. Und dass dies etwas Wertvolles ist. Ein weiteres Ziel war, Allianzen zu bilden, damit wir geschlossen unseren Gegnern gegenübertreten können und an einem Strick ziehen, so wie es unsere Opponenten tun.
Ein weiteres Ziel von dir war, dass der CIC im afrikanischen und asiatischen Raum Fuss fassen kann. Wie ist dir das gelungen?
Solche Themen bedürfen vieler Jahre intensiver Arbeit und Geld. Und an dem mangelt es, wie in vielen Fällen, am meisten. Der Grund für die Polarisierung in Afrika war, dass die Afrikajagd unter Attacke steht. Die meisten Nichtregierungsorganisationen, welche die Jagd bekämpfen, greifen hauptsächlich die Afrikajagd an. Das ist der Anfang von der Abschaffung der Jagd. Die Tiere in Afrika, wie beispielsweise Elefanten, Löwen oder Leoparden, sind emotional behaftet. Es ist ein rein emotionales Thema, und daher glaube ich, dass es sehr wichtig ist, dass der CIC in Afrika vertreten ist. Asien ist durch China vertreten, welches ein sehr gutes und aktives Mitglied im CIC ist.
Der CIC hat ein deutliches Exempel statuiert, und zwar mit einer gemeinschaftlichen Erklärung, die sich für die Beendigung des Abschusses von Gatterlöwen einsetzt, die 13 Organisationen unterzeichnet haben. Die Aktion entstand auf Initiative des CIC. Und daraus resultierte schlussendlich, dass Südafrika den Abschuss gezüchteter Löwen in Gattern gesetzlich verbieten wird. Darauf sind wir wirklich stolz. Hatte doch das vorher unseren Gegnern Tür und Angel geöffnet, die Jägerschaft in eine gewisse Ecke zu bugsieren. Die einzige grössere Jagdorganisation, die sich bedauerlicherweise aus dem Thema raushielt, war der SCI (Safari Club International).
Gab es auch gesteckte Ziele, die du nicht erreicht hast?
Die Kommunikation gegenüber Personen, denen die Jagd gleichgültig ist, ging nicht so vorwärts, wie ich mir das gewünscht hatte. Wir kommunizieren zwar mit den modernsten Mitteln, dies aber vor allem innerhalb der Jägerschaft. Wir müssen nicht den Papst davon überzeugen, dass er katholisch ist. Hier bleibt noch viel zu tun.
Hast du eine mögliche Erklärung dafür?
Die Presse verkauft Emotionen. Wissenschaftlich begleitete Argumente sind weniger gut verkäuflich als Emotionen und Schlagzeilen. So einfach ist das. Wenn man sich in der Presse einbringen will, dann ist es eine Frage des Geldes, und das ist immer schwierig.
Du warst in verschiedenen Funktionen und Gremien für den CIC tätig. Unter anderem warst du Präsident der Schweizer Delegation. Wie unterscheidet sich die nationale und die internationale Arbeit?
Wegen des Umstandes, dass wir weltweit 1600 Einzelmitglieder haben, sowie 70 Assoziationen und 31 Staatsmitglieder, ist die Aufgabenstellung schon aufgrund der Komplexität völlig unterschiedlich. Die Befindlichkeiten und vor allem die national verschiedenen Arten und ethischen Aspekte der Jagd sind enorm vielfältig. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist fast nicht möglich, aber nötig. Denn am Schluss geht es allen um das Gleiche. Viele vergessen, dass wenn wir keine Tiere mehr haben, wir auch keine Jagd mehr haben werden. Es ist deshalb etwas vom Allerwichtigsten, diese Betrachtungsweise international, in allen Kulturen, immer wieder klarzumachen.
Was nimmst du persönlich aus den letzten fünf Jahren mit?
Einerseits eine gewisse Befriedigung, dass wir das eine oder andere erreicht haben. Andererseits aber auch eine grosse Ernüchterung. Ich habe festgestellt, dass doch sehr viele ähnlich Gesinnte zu wenig bereit sind, sich für das Überleben unserer Passion einzusetzen. Auch eine gewisse Enttäuschung will ich nicht verbergen. Denn Viele nehmen nur in ihrer unmittelbaren jagdlichen Umgebung Mass und glauben, der Rest – wie beispielsweise die Afrika-Jagd – gehe sie nichts an, solange die Jagd vor ihrer Haustüre noch funktioniert. Das ist tragisch!
Welche Pläne hast du nach deiner Zeit als CIC-Präsident?
Jetzt habe ich endlich Zeit, um zu jagen (lacht). Ich habe viele private Pläne. Es wird mir sicherlich nicht langweilig. Ich werde mich weiterhin, wo auch immer ich gefragt werde, gerne für die Jagd einsetzen. Aber die weltweite Reiserei als CIC-Präsident war enorm, und das ist etwas, das ich gerne etwas zurückfahren möchte.
Was wünschst du dir für die Zukunft des CIC?
Dass die strategischen Punkte, die ich vorhin ansprach, weiter ausgebaut werden und dass Allianzen gebildet werden. Zum Beispiel erachte ich die Allianz mit den Reit- und Fischereiverbänden als sehr wichtig. Wenn wir geeint – zusammen sind wir doch geschätzte 110 Millionen Personen – gegen die Leute antreten, welche gegen die Jagd, Fischerei und Reiterei sind, und die Allianz festigen können, dann haben wir etwas Starkes, um das auch die Politik nicht drum herumkommen wird. Nur wenn wir uns zusammentun, werden wir erfolgreich sein. Wir haben bereits ein gemeinsames Statement gemacht, und das ist die Stossrichtung, die ich mir wünsche.
Wie wird sich dein Nachfolger Dr. Philipp Harmer bewähren?
Er ist eine international bewanderte und auszeichnete Persönlichkeit. Er wird sicherlich in diesem Sinn weiterfahren. Sein Credo für die Neuwahlen war: «Die Jagd erbringt wertvolle Leistungen für die Natur und die Gesellschaft. Das ist die Grundlage unserer Arbeit.»
Was wünschst du dir für die Zukunft der Jagd?
Die Anerkennung. Ich nehme die Schweiz als Beispiel. Über den Daumen gesagt, haben wir in unserem Land 15 bis 20 Prozent militante Jagdgegner, d.h. emotional gefütterte Menschen, die es sicherlich gut meinen, aber nicht das Verständnis für die Wichtigkeit der Jagd aufbringen. Rund 50 Prozent der Bevölkerung stehen hinter der Jagd. Der grosse Rest zeigt sich gegenüber der Jagd gleichgültig. Diese Menschen müssen wir abholen. Und das ist genau das, was ich mir von den Jägerinnen und Jägern wünsche. Über die Medien, Social Media etc. können wir die Unentschlossenen erreichen, aber das geht nicht ohne Geld. Es ist somit eine Grundvoraussetzung, dass jeder Jäger und jede Jägerin persönlich bereit ist, etwas dafür zu geben.
Das Interview führte Nathalie Homberger.
Bild: Nathalie Homberger
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