Die Jagd in Frankreich in der Diskussion

Die Jagd in Frankreich steht seit längerem unter Beschuss. Anfang Jahr veröff entlichte das Umweltministerium unter der Federführung von Bérangère Couillard, Staatssekretärin für Ökologie, einen 14-Punkte-Plan, um die Sicherheit auf der Jagd zu erhöhen. Das Verbot der Sonntagsjagd gehört nicht dazu.

Veröffentlicht am 26.06.2023

Nathalie Homberger

Berichte über Jagdunfälle in Frankreich zieren Jahr für Jahr die Medienlandschaft. Obwohl in Frankreich die Zahl der Unfälle mit Personenschaden und Todesfolge in den vergangenen Jahren zurückging, verzeichnete das französische Umweltministerium 2021 immer noch 90 Unfälle. Davon acht mit tödlichem Ausgang. Zum Vergleich: Im Jagdjahr 2001–2002 gab es 167 Unfälle und 31 Todesfälle. Eine Analyse des Ministeriums zeige, dass die Nichteinhaltung von drei grundlegenden Sicherheitsregeln mehr als die Hälfte der Unfälle bei gemeinsamen Treibjagden ausmache: Ein Schuss ohne Kugelfang und ohne Berücksichtigung des 30-Grad-Winkels auf einer Schützenlinie, Schiessen in Richtung von Wohnhäusern, Strassen oder öffentlichen Orten sowie das Schiessen ohne Identifi zierung des Ziels. In den meisten Fällen trage also menschliches Versagen, das mit der Nichtbeachtung elementarer Sicherheitsregeln zusammenhängt, die Schuld. Nachdem im vergangenen Jahr härtere Auflagen für die für die Jagdsowie ein generelles Jagdverbot am Sonntag gefordert wurde, stellte die französische Regierung Anfang Januar 2023 einen Plan vor, um die Jagdausübung sicherer zu machen und Unfälle zu reduzieren.

14 Massnahmen für mehr Sicherheit

In Frankreich besitzen rund vier Millionen Menschen den Jagdschein, etwa ein Viertel davon üben die Jagd aktiv aus. «Um die gemeinsame Nutzung von Naturräumen zu vereinbaren, müssen Spannungen abgebaut werden. Andernfalls werden die Spannungen nur noch grösser», meint Bérangère Couillard, Staatssekretärin für Ökologie, zum Massnahmenplan (Übersetzung der Redaktion aus dem Französischen). Die Staatssekretärin anerkenne die Notwendigkeit der Jagd, sie strebe aber eine Modernisierung an.

Der im Januar präsentierte Regierungsplan gliedert sich in drei Hauptbereiche: Verstärkte Ausbildung und Sensibilisierung von Jägern, Verschärfung der Regeln während der Jagd sowie eine bessere Information der Naturnutzer. 14 Massnahmen wurden erarbeitet. Unter anderem soll die obligatorische Ausbildung für alle Organisatoren von Treibjagden eingeführt, die Konsumation von Alkohol auf der Jagd verboten, eine digitale Plattform für Naturnutzer zur Verfügung gestellt und verstärkte Sicherheitsvorschriften eingeführt werden. Die Zusatzstrafen bei Verurteilungen nach einem Unfall sollen ebenfalls erhöht werden.

Wie der Nationale Jagdverband Frankreichs auf seiner Webseite schreibt, unterstützt er diese Massnahmen, da die grosse Mehrheit der Unfälle auf der Jagd unter Jägern passiert. 

Vorlage vor der Nationalversammlung

Einige Umweltverbände zeigen sich empört, dass ein jagdfreier Sonntag nicht Teil des Massnahmenplans ist. So auch Frankreichs Grüne, wie mehreren Medienberichten zu entnehmen ist. Da Jagdunfälle mehrheitlich an den Wochenenden stattfinden würden, fordert die Partei nun ein Jagdverbot am Sonntag und hat eine entsprechende Gesetzesvorlage erarbeitet.

Der Präsident des nationalen Jägerverbands, Willy Schraen, fände es «extrem schockierend», die Jagd am Sonntag verbieten zu wollen, wie er gegenüber «france-info» erklärt. Die Jagd am Sonntag abzuschaff en, be-deute für ihn, die Jagd überhaupt abzuschaff en. Es gebe bereits Staatswälder und öffentliche Wälder, die am Wochenende nicht bejagt werden. Zudem erklärt er gegenüber «franceinfo», dass es viele Personen gibt, welche die ganze Woche arbeiten und nur sonntags die Jagd ausüben können. Bei einem Jagdverbot am Sonntag würde die Jagd also elitär werden.

Wie die Tageszeitung «Ouest France» schreibt, hätte laut dem Abgeordneten Pierre Cordier (LR, Ardennen) die Initiative kaum eine Chance, im Plenarsaal der Nationalversammlung Anklang zu finden, ausser wahrscheinlich in den Reihen der Linken. Der Antrag sei bereits am 29. März im Ausschuss für nachhaltige Ent-wicklung weitgehend abgelehnt worden. Wenn, dann seien lokale Lösungen erstrebenswert.

Gemäss «Ouest France» will der Abgeordnete Charles Fournier, der den Vorschlag der Grünen erarbeitete, nicht die Jagd per se verbieten, sondern einen ruhigen Tag für Spaziergänger einführen. Der Gesetzesentwurf hätte im April der Nationalversammlung vorgelegt werden sollen. Dieses Ansinnen wurde jedoch auf den Herbst verschoben.

Text: Nathalie Homberger
Symbolbild: Pexels

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