Übelkeit und Erbrechen nach dem Jagdausflug – und nun?

Egal, ob auf Treib- und Drückjagden oder bei sämtlichen Einzeljagden – wer kennt es nicht – kaum ist der Ausflug vorbei und der Jagderfolg mit einem kräftigen Weidmannsheil bestätigt worden, schon geht es dem treuen Gefährten so gar nicht gut. Neben den üblichen durch die Jagd selbst bedingten Verletzungen, die sich der Jagdhund zuziehen kann, ist auch Übelkeit und Erbrechen immer wieder ein vorherrschendes Leid am Jagdtag.

Veröffentlicht am 28.08.2023

Um zunächst einmal einzugrenzen, warum die Hunde zu Übelkeit und Erbrechen neigen können, wie Erbrechen funktioniert und was der Organismus damit bezwecken kann, genu?gt ein kurzer Einblick in die Physiologie:

Zunächst einmal ist zu sagen, dass Erbrechen bei allen Fleischfressern relativ häufig vorkommt. Die Magensäure ist aggressiv und soll von evolutionärem Wege her in der Lage sein, selbst Knochengewebe zersetzen zu können. Zu unterscheiden ist das Erbrechen vom sogenannten Regurgitieren. Beim Erbrechen kommt es tatsächlich zu einer Entleerung des Mageninhalts, während beim Regurgitieren Mageninhalt zunächst hochgewu?rgt und dann wieder runtergeschluckt wird.

Erbrechen kann durch eine Vielzahl von Reizen ausgelöst werden. Neben mechanischen Reizen im Rachen können auch chemische oder mechanische Reize aus Magen- und Du?nndarm sowie eine u?bermässige Stimulation des Gleichgewichtsorgans im Innenohr oder hormonelle Imbalancen zum Erbrechen fu?hren. All diese Reize fu?hren zu einer Erregung des Brechzentrums im Hirnstamm. Zusätzlich liegt in diesem Bereich eine sogenannte «chemosensitive Triggerzone» vor, die auf jegliche Störungen des inneren Milieus (zum Beispiel Medikamente oder Giftstoffe im Blut, Kreislaufdefizite etc.) reagiert. Die Erregung dieser Strukturen wird als Übelkeit empfunden.

Sinn und Zweck von Erbrechen ist es folglich, dass durch die sofortige Magenentleerung eine weitere Aufnahme einer potenziell schädlichen Substanz im Magen-Darm-Trakt verhindert wird. Der Vorgang des Erbrechens selbst ist komplex. So setzt beispielsweise im Vorfeld eine vermehrte Speichelproduktion ein. Sinn dieser Speichelproduktion ist es, einerseits das Herausbringen von Material zu erleichtern und andererseits die Maulhöhle vor der aggressiven Magensäure zu schu?tzen.

Übelkeit und Erbrechen während/nach dem Jagdausflug

Grund fu?r Übelkeit und Erbrechen

Autofahrt durch das Gelände Überstimulation des Gleichgewichtsorgans
Verdorbenes Futter gefressen Chemische Reizung von Magen- und Du?nndarm
Fremdkörper gefressen Mechanische Reizung von Rachen oder Magen

Giftige Substanz aufgenommen (z. B. Pflanzen, Giftköder oder Kadaver gefressen)

Chemische Reizung von Magen- und Du?nndarm und Erregung der chemosensitiven Triggerzone

Stress während der Jagdausu?bung Erregung der chemosensitiven Triggerzone
Hitzeschlag und Kreislaufdefizit Erregung der chemosensitiven Triggerzone

Aufnahme grösserer Haarmengen bei langhaarigen Hunden

Mechanische Reizung von Rachen oder Magen
Läufige Jagdhu?ndin

Hormonelle Imbalance und Erregung der chemosensitiven Triggerzone

Magen-Darm-Infekt (Viren, Bakterien, Parasiten) Chemische Reizung von Magen- und Du?nndarm
Organische Schäden (Leber, Niere, Bauchspeicheldru?se) Erregung der chemosensitiven Triggerzone

Erbrechen beim Jagdhund – Gru?nde und Therapie

Bei der Jagd selbst können also zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Ursachen fu?r eine Übelkeit oder ein Erbrechen verantwortlich sein.

Der Schutzmechanismus des Erbrechens sollte also nicht leichtfertig medikamentös unterbunden werden. Im Fall, dass das Erbrechen aufgrund einer u?berm.ssigen Reizung des Gleichgewichtsorgans (z. B. Autofahren, Reisekrankheit) zustande gekommen ist oder das Erbrechen u?ber mehrere Tage anhält, kann eine medikamentöse Therapie sinnvoll sein. Geeignete Präparate beinhalten den Wirkstoff Maropitant. Entweder kann der Tierarzt selbst eine Injektion des Wirkstoffs vornehmen oder das Präparat kann bei einem Tierarzt in Tablettenform erhalten werden. Freiverkäufliche Präparate auf Ingwerbasis haben sich ebenfalls gegen Übelkeit und Erbrechen bewährt.

Viel wichtiger als ein medikamentöses Einschreiten ist die Anpassung der Fu?tterung, wenn Übelkeit und Erbrechen aufgetreten sind. Häufig löst diese Umstellung das Problem bereits. Bis zu etwa 4 Stunden nach einem Erbrechen sollte der Magen nicht erneut mit Futter belastet werden, sondern die Magenschleimhaut soll genu?gend Zeit bekommen, sich beruhigen zu können. Damit der Kreislaufzustand stabil bleibt, ist auf eine ausreichende Flu?ssigkeitsaufnahme in diesem Zeitfenster zu achten. Dies gelingt beispielsweise durch die Gabe von verdu?nnter Bru?he (Rind, Gemu?se, Huhn). Danach sollte eine Schonkost in vielen, kleinen und weich erwärmten Portionen (fu?nf bis sieben Portionen am Tag) gefu?ttert werden. Mehrere, kleine und leicht erwärmte Portionen sind deutlich entlastender fu?r den Verdauungstrakt als grosse Portionen von kaltem Nassfutter aus dem Ku?hlschrank. Es eignet sich eine leicht verdauliche Eiweissquelle (z. B. Huhn) in Kombination mit weich gekochtem Reis oder einer Kartoffel. Auf jegliche Leckerlis, Nahrungsergänzungen oder Belohnungen sollte fu?r mindestens zwei Tage verzichtet werden. Auch die Gabe von Tee (Salbei, Kamille, Thymian) kann dem Jagdhund helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Zusätzlich ist es wichtig, dass jegliche Form von Stress gemieden und eine ausreichend lange körperliche Schonung eingehalten wird.

Tipps vom Tierarzt für den Jäger: Wie kann ich den Kreislaufzustand und Flu?ssigkeitshaushalt zuhause selbstständig einschätzen?
– Färbung des Zahnfleischs ansehen, hierzu die Lippen hochziehen kreislaufstabil: rosa, blassrosa; kreislaufinstabil: weiss, blau, gelb
– kapilläre Ru?ckfu?llzeit testen: Hierzu mit einem Finger auf das Zahnfleisch dru?cken, das Zahnfleisch wird kurz weiss und sollte innerhalb von 1–2 Sekunden wieder rosa werden; wenn es länger als 3 Sekunden dauert, besteht ein Schockverdacht
– Hautturgor testen: Eine Hautfalte im Nackenbereich hochziehen und loslassen Verstreicht zu?gig: guter Flu?ssigkeitszustand Verstreicht langsam: Flu?ssigkeitsdefizit, orale Flu?ssigkeitsgabe erforderlich Bleibt stehen: erhebliches Flu?ssigkeitsdefizit, Infusionstherapie notwendig

Text: Maurice Maurer
Bild: Martin Otto

Zurück zur Startseite

Möchten Sie weiterlesen?

Der von Ihnen gewünschte Artikel ist für Abonnenten kostenlos, für alle anderen kostenpflichtig. Um weiterzulesen, müssen Sie sich als Abonnent anmelden oder den Artikel kaufen.